Mehr über “Wiederverwendung Bauen”

In der Schweiz fallen jährlich mehr als 17 Millionen Tonnen Abfälle aus dem Um- und Rückbau von Bauwerken an. Rund zwei Drittel werden durch Recycling verwertet. Der Rest landet auf Deponien. Würden wiederverwendbare Bauteile in andere Objekte eingebaut, könnte nicht nur die Abfallmenge reduziert, sondern auch zu einem erheblichen Anteil „graue Energie“ eingespart werden.

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat deshalb SALZA und Matériuum beauftragt, die Wiederverwendung im Schweizer Baubereich zu untersuchen. Um mit allen relevanten Akteuren in einen intensiven Dialog zu treten, wurde die Plattform RERIWI ins Leben gerufen.

Wie wurde die Studie durchgeführt

An der Umfrage auf reriwi.ch haben rund 150 Akteure in den Bereichen Ausbau, Vermittlung, Verwendung und Promotion von gebrauchten Bauteilen teilgenommen. Auf der Basis der Umfrageergebnisse führte die Studie eine Situationsanalyse durch und beschreibt die Handlungsfelder, damit die Wiederverwendung marktfähig wird.

Interessant ist auch der Quervergleich mit Frankreich und Belgien. Ausserdem zeigt die Studie konkrete Massnahmen auf, um die Wiederverwendung als gesellschaftliches Thema weiterzuentwickeln und besser in den Bauprozess zu integrieren.

Mehr Wiederverwendung – weniger Ressourcenverschwendung

Der Ressourcen- und Energieverbrauch beim Erstellen und Betreiben von Bauwerken ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Die aktuelle Transformation des Schweizer Gebäudeparks wird vor allem durch wirtschaftliche Interessen gesteuert. An zentralen Lagen werden oft relativ junge Gebäude aus den 1980er und 1990er Jahren abgerissen, auch wenn diese das Ende ihrer Lebensdauer noch lange nicht erreicht haben.

Beim Rückbau fallen viele Bauteile an welche noch funktionstüchtig sind, jedoch heute meist entsorgt werden. Dabei geht die gesamte Energie für Produktion und Einbau, die sogenannte «graue Energie» verloren. Würden die Bauteile in ein neues Objekt eingebaut, könnten sowohl die CO2-Emissionen wie auch die Bauabfälle reduziert werden.

Ein wachsendes Bewusstsein

Das wachsende Bewusstsein, dass wir mit unseren Rohstoffen haushälterischer umgehen müssen, führt zu einer kleinen Renaissance der Wiederverwendung im Baubereich. Das zeigen auch die Antworten der Umfrageteilnehmer. Die Ergebnisse sind insofern erstaunlich, als viele der Akteure abseits der öffentlichen Wahrnehmung in einem existierenden Markt gewinnbringend arbeiten. Allerdings ist die Vernetzung dieser Akteure praktisch inexistent und es gibt auch keine Organisation, welche deren Interessen aktiv in der Öffentlichkeit vertreten würde.

Massnahmen zur Stärkung der Wiederverwendung

Die Studienautoren kommen zum Schluss, dass die Wiederverwendung im Bauprozess durch verschiede Massnahmen konsolidiert und verstärkt werden muss. Eine virtuelle Anlaufstelle der Wiederverwendung – ein sogenannter “Content Hub” – und der Aufbau einer Dachorganisation sind geeignet, um die Branche zu vernetzen und zu strukturieren.

Zudem sollen Leuchtturmprojekte kommunikativ unterstützt werden, um die Praktikabilität der Wiederverwendung zu demonstrieren. Auch Wettbewerbe mit Prämierung sind wünschenswert. Um die Wiederverwendung besser in den Bauprozess zu integrieren, müssen Planer entsprechend ausgebildet und private wie öffentliche Bauherrschaften für das Thema sensibilisiert werden. Last but not least muss die Wiederverwendung als Mittel des nachhaltigen Bauens in der Politik verankert und die Bevölkerung für das Thema sensibilisiert werden.

Bei Neubauten muss die Wiederverwendung bereits bei der Planung berücksichtigt werden, bzw. im Sinne von “Design before Disassembly” bereits beim Entwerfen auch an die Wiederverwendung von Bauteilen gedacht werden. Zudem muss das Thema in den entsprechenden SIA-Normen und Nachhaltigkeitslabels verankert werden.

Politischer Handlungsbedarf

Die Politik hat den dringenden Handlungsbedarf bei der Wiederverwendung erkannt. Um den Umweltimpact des Bauwerks zu senken, sollen die Initiativen, wie Klimaziel 2050, Energiestrategie 2050 oder der Europäische «Green Deal», umgesetzt werden.